Rittnerbahn
Land Südtirol
Länge 6,8km
Spurweite 1.000mm
Eröffnet 1907
Anfangspunkt Maria Himmelfahrt
Über Oberbozen
Endpunkt Klobenstein
Traktion 800V =
Anmerkung Stadtstrecke in Bozen und Zahnradstrecke von Bozen bis Maria Himmelfahrt 1966 eingestellt
Gesellschaft https://www.ritten.com/

Vorgeschichte

Oberhalb von Bozen befindet sich die herrliche Hochfläche des Ritten, ein Bergrücken aus Quarzporphyr. Dieses Gebiet ist ein bevorzugtes Naherholungsgebiet der Bevölkerung von Bozen, welche speziell im Sommer, wenn es im Talkessel von Bozen fast unerträglich heiß ist, zum „Sommerfrische machen“ gerne angenommen wurde und wird. Bereits zu Ende des 19. Jahrhunderts gab es Bahnprojekte, die eine Erschließung des Ritten zum Ziel hatten. Auch eine Verlängerung der Bahn bis nach Klausen war im Gespräch.

Bau und Betrieb

Während die ersten Projekte einen Betrieb in Dampftraktion (Projekt der Fa. Stern & Hafferl) vorsahen, wurde schlussendlich doch der elektrische Strom (bis 1966 Gleichstrom 750 V, ab 1966 Gleichstrom 800 V) als Antriebsmittel in der Planung von Dr. Ing. Riehl, dem in Bozen geborenen, großen Tiroler Bahnbauer, gewählt und auch ausgeführt. Die Bahn wurde mit einer Spurweite von 1.000 mm und einer ursprünglichen Gesamtlänge von 11,764 km errichtet. Der höchste Punkt der Rittnerbahn befand und befindet sich in Lichtenstern mit 1.250,5 m ü. d. M., wobei insgesamt 986 m Höhenunterschied überwunden wurden. Heute hat die Rittnerbahn nur mehr eine Länge von 6,805 km bei 75 m Höhenunterschied. Erwähnenswert ist auch noch der Umstand, dass der „Tiroler Eisenbahnvater“ Ing. Riehl auch sehr viel privates Geld in die in den ersten Betriebsjahren finanziell sehr erfolgreiche Bahn investierte, und dadurch dann weitere Bahnprojekte finanzierte.

Ursprünglich führte die Bahn, ausgehend vom Waltherplatz in Bozen, über den Bahnhof der Südbahn zum Rittnerbahnhof im reinen Adhäsionsbetrieb. Diese Betriebsart wurde dann am Hochplateau von Maria Himmelfahrt nach Klobenstein fortgesetzt. Zwischen Bozen und Maria Himmelfahrt hingegen wurde auf einer 4,1 km langen Zahnradstrecke, Bauart „Strub“, gefahren. Dafür setzte sich beim Rittner Bahnhof eine Zahnrad-Schublokomotive an den Zugschluss und schob den Zug bei abgeschaltetem Antrieb des Adhäsionstriebwagen bis nach Maria Himmelfahrt. Diese Zahnradstrecke hatte eine Steigung von 225 Promille und etwa in der Mitte war eine Betriebsausweiche situiert. Neben einem 60 m langen Tunnel befand sich auf dieser Steilstrecke auch ein 160 m langer Viadukt mit 16 Öffnungen. Die Höchstgeschwindigkeit auf der Zahnradstrecke betrug bergwärts 7 km/h. In Maria Himmelfahrt wurde die Zahnradlokomotive abgehängt und der Zug verkehrte dann mit einer Geschwindigkeit bis zu 25 km/h über Oberbozen bis nach Klobenstein. Die Gesamtfahrzeit von Bozen bis Klobenstein betrug zum Zeitpunkt der Eröffnung 1,5 Stunden.

Bei Betriebsaufnahme am 13. August 1907 besaß die Rittnerbahn zwei zweiachsige Adhäsionstriebwagen und drei Schublokomotiven für die Zahnradstrecke. Im Jahr 1908 wurde der Fahrzeugpark dann noch um zwei vierachsige Adhäsionstriebwagen und 1909 um eine vierte Schublok erweitert. Zusätzlich zu den vorerwähnten Triebfahrzeugen waren noch zwei Beiwagen und einige Güterwagen im Besitz der Rittnerbahn. Im Jahr 1934, nach der Einstellung der Lokalbahn Dermulo–Fondo–Mendel, kam deren Triebwagen 104 (Baujahr 1910, nach dem Hersteller „Alioth“ genannt) als weitere Verstärkung zur Rittnerbahn.

Anfänglich oblag der k.k. priv. Südbahngesellschaft die Betriebsführung, später wurde sie dann in Eigenregie übernommen.

Über fünfzig Jahre erfüllte die Rittnerbahn, bis auf einen schwereren Unfall zu Betriebsbeginn, fast problemlos ihren Betrieb. Leider kam es dann am 3. Dezember 1964 zu einem folgenschweren Unfall mit vier Toten und 30 Verletzten. Infolge schlechter Wartung von Oberbau und Fahrzeugen entgleisten der Triebwagen 1 und die Schublok L1 und beide stürzten von der Zahnradstrecke in die Weingärten bei St. Magdalena. Diesen Unfall nahmen die Behörden zum Anlass, den bereits begonnenen Bau der Seilschwebebahn Bozen–Oberbozen schneller voranzutreiben. Nach deren Fertigstellung wurde 1966 der Betrieb vom Waltherplatz zum Rittnerbahnhof und weiter nach Maria Himmelfahrt eingestellt.

Auch für die Adhäsionsstrecke in Oberbozen wäre beinahe das Ende gekommen, wenn nicht, sozusagen in letzter Minute, das 1981 gebildete Rittenbahn-Komitee einen Meinungsumschwung herbeigeführt hätte. Die angrenzenden Gemeinden haben inzwischen auch die Wichtigkeit der Bahn für den Fremdenverkehr erkannt und unterstützen tatkräftig dieses Komitee und natürlich die Rittnerbahn.

Seither wird an der kontinuierlichen Sanierung dieser liebenswerten „Alttiroler“ Lokalbahn von Oberbozen nach Klobenstein gearbeitet. Auch der Fuhrpark wurde inzwischen modernisiert und erweitert. So kamen von der „Straßenbahn Esslingen–Nellingen–Denkendorf“ zwei Triebwagen und zwei Beiwagen, von denen ein Triebwagen 1990/91 aufgearbeitet und an die italienischen Bestimmungen für Schienenfahrzeuge angepasst wurden. Dann wurden 1984/85 die Gleisanlagen des Streckenabschnittes Oberbozen–Klobenstein einer Generalsanierung unterzogen, danach in Klobenstein eine neue Remise errichtet und in den Jahren 1986/87 die Oberleitungsanlage in ihrem ursprünglichen Zustand saniert. Weiters erfolgte auch noch im Jahr 1991 eine Renovierung des Bahnhofes Oberbozen. Die jeweils zwei noch vorhandenen Vierachs- und Zweiachstriebwagen verkehren hauptsächlich am Wochenende als Fremdenverkehrsattraktion, während der „Esslinger“-Triebwagen hauptsächlich den täglichen Verkehr bewältigt. Bei den zahlreichen Eisenbahnfreunden sind die abwechselnd verkehrenden mustergültig restaurierten Triebwagen 11, 12, 2 und Alioth (von der eh. Dermulo–Mendel-Bahn) sehr beliebt.

Die Erneuerung der Seilbahn Bozen - Oberbozen als „3S-Bahn“ der Firma Leitner mit erheblich höherer Förderleistung brachte auch der Rittner Bahn eine erhebliche Frequenzsteigerung. Von der Überlandbahn St. Gallen - Speicher - Trogen konnten 3 Triebwagen-Steuerwagen-Kompositionen, Baujahr 1974/75, erworben werden, die - komplett renoviert, nunmehr im Halbstundentakt verkehren. Dafür mussten die Stationsanlagen sowie die Ausweiche Lichtenstern angepasst werden.

Für die Unterbringung und Wartung dieser geräumigen Fahrzeuge mussten die Remise Klobenstein sowie die Werkstätte in Oberbozen erweitert und modernisiert werden.

Aufgrund mehrerer Vorfälle bei anderen italienischen Lokalbahnen werden seit einiger Zeit die gesetzlichen Bestimmungen für die Sicherheit von Eisenbahnen sehr streng exekutiert. Dies hat zur vorübergehenden Abstellung der historischen Triebwagen geführt. Es wird jedoch fieberhaft nach Möglichkeiten gesucht, die historischen Fahrzeuge wieder im Fahrgastverkehr einsetzen zu können.

Von den Zahnradfahrzeugen ist eine Schublokomotive, die Lok 4, im Localbahnmuseum der Tiroler MuseumsBahnen in Innsbruck (Leihgabe des Zeughaus Innsbruck) in betriebsfähigem Zustand zu bewundern, die zweite hingegen verblieb, äußerlich aufgearbeitet, in Klobenstein/Bozen.

Aufgrund steigender Fahrgastzahlen und der guter Akzeptanz in der Öffentlichkeit erscheint der weitere Bestand der Reststrecke der Rittnerbahn auch in nächster Zukunft gesichert zu sein.

Strecke

Vorwort: Die Betriebsform der Rittnerbahn wurde in Anlehnung an die Bahn in Opicina (Triest) so gewählt, dass auf den Adhäsionsstrecken am Anfang und Ende der Rittnerbahn normale Triebwagen (ertüchtigt nur um spezielle Bremsen für die Zahnradstrecke) verwendet werden konnten. Für den Betrieb, der Rittnerbahn wurden daher insgesamt 4 Zahnradlokomotiven angeschafft, die auf der Steilstrecke mit einer durchschnittlichen Steigung von 22 % die zwei- bzw. vierachsigen Triebwagen bergauf schieben sollten. Zu Anfang des Bahnbetriebes hat es auch Güterverkehr auf dieser Bahn gegeben, der aber immer mehr abflaute, sodass es heute nur mehr reinen Personenverkehr gibt.

Die Strecke: Die Rittnerbahn hatte von 1907 bis 1966 den Anfangspunkt an der Haltestelle „Waltherplatz“ (km 0,000) in Bozen, wo auch die Anbindung an das Netz der damalige Bozner Straßenbahn erfolgte.

Durch die Innenstadt von Bozen, vorbei an den Haltestellen „Südbahnhof“ (km 0,278) und „Bahnstraße“ (km 0,396) über den Bahnhofsplatz, ging es dann vorbei am Aufnahmegebäude der italienischen Staatsbahn zum Bahnhof „Bozen“ (km 0,896) der Rittnerbahn, der auch eine Wagen- und Lokremise, sowie diverse Werkstätten beherbergte. Dieser Bahnhof lag ungefähr an der Stelle, wo sich heute die Talstation der Seilbahn auf den Ritten befindet.

Der erste Teil dieser Zahnradstrecke wurde auf einem Viadukt geführt. Dieses Viadukt mit seinen 16 Öffnungen war eines der wenigen Kunstbauten dieser Localbahn. Im Bereich der oberhalb von Bozen gelegenen Weinberge war auch die erste Haltstelle auf der Bergstrecke, nämlich die Bedarfshaltestelle „Magdalena Weinkeller“ (km 1,336). Wie schon der Name sagt, wurde diese Haltestelle von so manchem fröhlichen Zecher zumindest zur Anfahrt zu ausgesuchten Weinschenken benutzt. Blickte man zurück, so hatte man bei schönem Wetter einen guten Ausblick auf den Bozner Talkessel und seine Umgebung.

Links um den Bergrücken von St. Magdalena herumführend erreichte die Bahn bald ihre max. Steigung von 255 Promille. Die elektrischen Zahradlokomotiven hatten hier ganz schön schwere Arbeit zu leisten, denn es wurden hier z.B. vollbesetzte Züge bestehend aus Schublok, zweiachsigen Triebwagen, zweiachsigen Beiwagen und Güterwagen den Berg hinaufgeschoben, was nur durch die 300PS starken Zahnradloks ermöglicht wurde.

Nach dem Verlassen der Weinberge kam man dann in unwegsameres Gelände, in dem z.B. das speisende Unterwerk das von den Kraftwerken „Tollwerk“ und „Schnalsbachwerk“ über eine 10kV-Drehstromleitung angespeist wurde und das neben der hier befindlichen einzigen Ausweiche im Zahnradabschnitt situiert war. In dieser Haltestelle „Ausweiche“ (km 3,032), die ein rein betrieblicher Kreuzungsbahnhof war, erfolgte das Ausweichen der berg- und talwärts fahrenden Züge auf dieser eingleisigen Strecke.

Im Anschluss an diese Betriebsausweiche durchfuhr der Zug dann den einzigen, ca. 60m langen Tunnel (km 3,790), mit dem eine Felsnase unterquert wurde. Die Strecke führte hier z.T. an steilen Berghängen und auf durch hohe Steinmauern gestützte Dämme weiter. Nach Überwindung des steinigen Berghänge ging es dann weiter über steile Wiesen in Richtung Maria Himmelfahrt. Bei der Einfahrt in den Bahnhof „Maria Himmelfahrt“ (km 5,120) endete dann die Zahnradstrecke (km 5,051) und nach Abkuppeln der Schiebeloks ging es dann in Adhäsionsbetrieb weiter.

Einen sanften Links- und Rechtsbogen durchfahrend erreicht man unter Überwindung eines letzten steileren Streckenabschnittes von 45 Promille den Bahnhof „Oberbozen“ (km 6,264). Diese Bahnhof war früher einer der größeren Bahnhöfe der Rittnerbahn; heute hingegen beherbergt er auch die Werkstätte und eine der Wagenremisen der Rittnerbahn und stellt so eigentlich den Hauptbahnhof dar. In der Rittnerbahn-Remise erfolgen heutzutage sämtliche Revisions-, Ausbesserungs- und Erneuerungsarbeiten. Zur Schonung der im Linienverkehr fahrenden 100-jährigen Triebwagen wird hier auch deren regelmäßiger Austausch gemacht. An der Wagenremise und Werkstätte rechts vorbei führt die Strecke in Richtung Klobenstein.

Jeweils nur durch kurze Wandabschnitte unterbrochen haben wir einen tollen Ausblick auf die Dolomiten u.a. mit dem Massiv des Peitlerkofels und der Geislerspitzen. Besonders im Herbst bietet sich mit den bunten Laubwäldern ein sehr farbenfrohes Bild. Wobei natürlich auch die anderen Jahreszeiten die Rittnerbahn in einem besonderen und unverwechselbaren Reiz präsentieren.

Wir verlassen nun das Ortsgebiet von Oberbozen und erreichen nach einem leichten Gefälle nach Durchfahren einiger Felder die Bedarfshaltestelle „Linzbach“ (km 7,024). Automatische Schranken mit Schrankenbaum und charakteristischem „Bimmeln“ sichern dabei die unmittelbar vorher kreuzende Landesstraße ab. Fast alle stärker frequentierten Eisenbahnkreuzungen der Rittnerbahn sind durch derartige zuggeschaltete automatische Schrankenanlagen gesichert.

Weiter geht es nun in sanften Kurven, nach Durchfahren der Bedarfshaltestelle „Rinner“ (km 7,484) zur an einem Hang gelegenen Haltestelle „Wolfsgruben“ (km 8,157). Unterhalb der Haltstelle ist am südlichen Ende des Ortes auch ein See, der Wolfsgrubner See zu finden. Weiterhin in sanften Bögen geht es leicht bergan durch einen lichten Wald mit zahlreichen Lärchenbäumen zum Bahnhof „Lichtenstern“ (km 9,188), dem einzigen Kreuzungsbahnhof der Strecke am Hochplateau. Dieser Bahnhof stellt auch den höchsten Punkt der Rittnerbahn mit 1250,5m dar.

Die Rittnerbahn fährt wieder aus dem Wald heraus und von nun an geht es in einem leichten Gefälle etwas bergab. Nach einigen weiteren Bögen erreichen wir die am Hang gelegene Haltestelle „Rappersbühel“ (km 9,748). Nun trennt uns nur noch die Bedarfshaltestelle „Ebenhofer“ (km 10,340) vom Endpunkt der Strecke in Klobenstein.

Wir fahren durch den westlichen Teil des Ortes Klobenstein und gelangen nach Unterfahren einer Straßenüberführung in den Bahnhof „Klobenstein“ (km 11,746). Hier befindet sich der Endpunkt der Rittnerbahn mit einem schön renovierten Aufnahmsgebäude und einer Remise, in dem einige Fahrzeuge, u.a. auch die Zahnradlok Nr. 2 untergestellt sind.